Ist eine SIBO diagnostiziert (ließ hier meinen Artikel zu den Problemen der gängigen SIBO-Tests) kommt man um eine angepasste Ernährung nicht herum, um die Symptome zu lindern. Zur Auswahl stehen nach den derzeit gängigen Protokollen in erster Linie die Low-FODMAP-Diät, die bi-phasische Diät, die spezielle Kohlenhydrat-Diät, autoimmun-Paleo oder im ganz schlimmen Fall eine Elementardiät. Normalerweise wird zu low FODMAP geraten. Doch gibt es wirklich valide Erkenntnisse darüber, welche Ernährung bei SIBO nun angeraten ist? Ich habe für dich mal wieder Studien durchforstet und bin auf überraschende Ergebnisse gestoßen.
- 1. Ernährung bei SIBO: Wie individuell darf es sein?
- 2. Widersprüche in Studien: Woran liegt das?
- 3. Ernährung bei SIBO: Untersuchungen, die aufhorchen lassen
- 4. Praktische Tipps zur Ernährung bei SIBO trotz unsicherer Studienlage
- 5. Ernährung bei SIBO: Abschließende Gedanken zum Thema
- 6. Ein letzter Gedankenanstoß für dich
1. Ernährung bei SIBO: Wie individuell darf es sein?
Wenn es um die Einhaltung einer bestimmten Ernährungsform bei SIBO geht, wird in der Regel erstmal zu Low-FODMAP geraten. Mit dem Vermerk, dass das keine Blaupause für alle ist. Es ist immer ganz individuell, wer welche Lebensmittel verträgt. Klar, das hängt auch von der Bakterienlast- und -art im Dünndarm ab. Doch nach einigen gesammelten Erfahrungen haben sich bei mir mehr und mehr Fragezeichen aufgetan, so dass ich ein bisschen tiefer gegraben habe. Dabei hat sich gezeigt, dass Lebensmittel, die dick rot auf den Low-FODMAP-Listen stehen, an anderer Stelle als förderlich gelten. Oder dass Lebensmittel, die ausdrücklich erlaubt sind, eher hinderlich sein können.
2. Widersprüche in Studien: Woran liegt das?
Wenn du meinen Artikel „SIBO-Test: Viele Falschdiagnosen und Probleme” gelesen hast, dann weißt du jetzt, dass sich Wissenschaftler beim Thema SIBO noch sehr uneinig sind. Und zwar in jeder Hinsicht. Teils wird sogar gefordert, dem „Wahnsinn” endlich ein Ende zu bereiten, da die Existenz von SIBO – zumindest in diesem Ausmaß – angezweifelt wird. Die Sprache ist von einem „Sumpf”. Mittlerweile bin ich ebenfalls zurückhaltender mit dem neuen „Trend”. Man muss immer bedenken, dass es hier auch um viel Geld geht. Sowohl für Kliniken, als auch für Hersteller von Tests, Ärzte und auch die Pharmaindustrie, da oft als erste Maßnahme Antibiotika verschrieben werden. Vor allem in den USA. Zudem ist Wissenschaft immer nur so lange auf dem aktuellen Stand, bis neue Erkenntnisse dazukommen.
3. Ernährung bei SIBO: Untersuchungen, die aufhorchen lassen
Es gibt eine Vielzahl an Untersuchungen und mini Studien, welche Ernährung nun bei SIBO hilfreich ist, welche Ernährung zu angeblich therapieresistenten Formen geführt hat und welche Ernährung bei der Heilung unterstützend gewirkt hat. Ich fand die Ergebnisse mindestens überraschend und stelle dir einige davon vor. Allgemeinhin gelten ALLE Studien / Untersuchungen zu Diät bei SIBO als qualitativ nicht ausreichend, um hier tatsächliche Empfehlungen ableiten zu können.
3. 1. Wissenschaftliche Beweise fehlen: Bringt eine spezielle Diät überhaupt etwas?
Das zweifeln einige Wissenschaftler tatsächlich an und statuieren, dass die bisherigen Studien zur Behandlung von SIBO von geringer methodischer Qualität sind, so dass die Ergebnisse nicht auf die Praxis übertragen werden können. Es gibt also noch nicht genügend wissenschaftliche Beweise, die eine bestimmte Ernährungsform für die Behandlung von SIBO wirklich stützen. *
3. 2. Vegane, ballaststoffreiche Diät
„Vegane und vegetarische ballaststoffreiche Diäten haben sich für viele mit SIBO-Symptomen als wirksam erwiesen. Diese Diäten erhöhen die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren und hemmen gleichzeitig potenziell invasive Bakterien wie Escherichia coli und andere Mitglieder von Enterobacteriaceae-Spezies.” **
-> Ballaststoffe sind bei Low-FODMAP zu meiden und werden bei gängigen Empfehlungen zur Ernährung bei SIBO strikt reduziert, weil sie den Bakterien Futter liefern. Oft führt auch Gemüse zu Symptomen, wohingegen tierische Produkte als neutral und verträglich gelten. In den USA ist Carnivor bei SIBO im Trend. Woher kommt der Widerspruch? Hatten diese Menschen überhaupt eine SIBO? Dazu sei gesagt, dass es sich bei diesem und den folgenden Ergebnissen nicht um Studien nach dem Goldstandard handelt, sondern quasi um Beobachtungen an einer kleinen Anzahl Individuen.
3. 3. Zu viel Butter und Hirse führt zu therapieresistenter SIBO?
„Eine Studie aus dem Jahr 2019 zur Analyse von Ernährungsmustern bei Patienten mit behandlungsresistenter SIBO zeigte, dass behandlungsresistente Probanden einen höheren Verzehr von Buchweizen, Geflügelfleisch, Hirse und Butter hatten als Probanden, die auf eine Behandlung ansprachen. Patienten mit behandlungsresistenter SIBO haben zudem signifikant weniger Mono- und Disaccharide (Zucker) verzehrt.” **
-> Hirse, Fleisch und Butter sind nach den gängigen Ernährungsprotokollen allgemein ausdrücklich erlaubt. Ganz markant: Menschen mit behandlungsresistenter SIBO haben sehr wenige Mono- und Disaccharride, also Zucker (FODMAPs) gegessen? Könnte das bedeuten, dass man sich behandlungsresistente Bakterien heranzieht, wenn man Low-FODMAP befolgt? Große Schwäche natürlich auch hier: Man erfährt von keinerlei Rahmenbedingungen, was diese Menschen sonst gegessen, wie sie gelebt haben und ob es sich überhaupt um SIBO handelt oder nur einen falsch-positiven Test. Das leitet mich zum nächsten Punkt.
3. 4. „Feed to kill”: Füttern um zu töten
Ein Ansatz zur Therapie von SIBO, lautet, die Bakterien zu füttern, anstatt sie „auszuhungern” (was nur mit der Elementardiät richtig geht). Es geht darum, dass Bakterien in einen Zustand des stark verminderten oder gestoppten Stoffwechsels gehen können, wenn sie kaum noch Nahrung bekommen. Das bedeutet dann im Umkehrschluss, dass sie auch die Phytobiotika nicht mehr aufnehmen und unangetastet im Darm verweilen, bis es mal wieder mehr Nahrung gibt.
Beim „Feed to kill“-Ansatz werden fermentierbare Kohlenhydrate während der Phyto- oder Antibiotikabehandlung bewusst konsumiert, um die Bakterien zu nähren, ihren Stoffwechsel aufrecht zu erhalten und dadurch anfälliger für die antimikrobielle Behandlung zu machen. Bei längeren Behandlungszeiten (30 – 60 Tage) ist diese Strategie allerdings wegen evtl. verstärkter Symptome weniger praktikabel. Dieser Ansatz ist eine Alternative zum geläufigen „Starve the bacteria“–Konzept, bei dem fermentierbare Kohlenhydrate (FODMAPs) eingeschränkt werden, um das Wachstum der Bakterien einzudämmen und Symptome zu lindern. ***
3. 5. Zu wenig Milchprodukte? Zucker spielt keine Rolle?
Knapp 1000 Probanden mit Verdacht auf SIBO machten einen Lactulose-Atemgastest. Sie wurden dann unterteilt in Wasserstoff-SIBO, Methan-SIBO oder ohne SIBO. Letztere waren die kleinste Gruppe (Achtung: falsch-positive Tests!). Menschen mit Wasserstoff-SIBO hatten laut Studie eine geringere Diversität im Konsum von Milchprodukten, Gemüse, Obst und Beeren. In den anderen Lebensmittelgruppen (Getreide, Fleisch, Fisch, Fette, Nüsse, Süßwaren etc.) gab es keine Unterschiede zwischen Wasserstoff-SIBO–Patienten und Kontrollen.
Die Studie weist allerdings enorme Schwachstellen auf. Sie ist z. B. nur eine zeitlich eingeschränkte Erhebung, es ist nicht klar, ob die eingeschränkte Ernährung Ursache oder Folge von bestehenden Beschwerden ist und die Methan-Gruppe wurde außen vor gelassen.
-> Laktosehaltige Milchprodukte sollen bei Low-FODMAP gemieden werden. Auch bei Minus L-Produkten wird angemerkt, dass die gespaltenen Zucker Glucose und Galaktose evtl. Beschwerden auslösen können (individuell). Obst ist bei Low-FODMAP ebenfalls ziemlich eingeschränkt, Süßwaren sowieso. Die Ergebnisse sind meines Empfindens nach also auch widersprüchlich, wobei diese Erhebung sowieso sehr lückenhaft ist. ****
4. Praktische Tipps zur Ernährung bei SIBO trotz unsicherer Studienlage
Die aktuelle Forschung zeigt, dass es keine einheitliche „SIBO-Diät“ gibt. Doch einige Grundsätze können dir helfen – sofern du tatsächlich betroffen bist –, dich im Ernährungsdschungel besser zu orientieren. Hier einige praktische Tipps für dich:
- Individuell testen: Nicht jede Liste passt für jeden. Achte genau darauf, welche Lebensmittel bei dir Symptome verstärken oder lindern
- Low-FODMAP als Startpunkt: Die Diät kann Beschwerden zunächst reduzieren, ist aber nicht für eine langfristige Ernährung gedacht
- Symptome beobachten: Ein Ernährungstagebuch hilft, Muster zu erkennen und mit Fachpersonen fundierter zu besprechen
- Vielfalt im Blick behalten: Auch bei Einschränkungen sollte die Ernährung so nährstoffreich wie möglich bleiben, um Mangelzustände zu vermeiden
- Kurzfristig vs. langfristig denken: Restriktive Diäten können Symptome lindern, sind aber nicht automatisch eine nachhaltige Lösung
- Ließ hierzu auch meinen Artikel „Low-FODMAP bei SIBO: Warum das meist nicht reicht”
Die Ernährung bei SIBO bleibt ein individueller Weg. Nutze die vorhandenen Ansätze als Orientierung, aber verlasse dich nicht ausschließlich auf starre Listen. Entscheidend ist, dass du deine persönliche Verträglichkeit herausfindest und deine Ernährung schrittweise anpasst.
5. Ernährung bei SIBO: Abschließende Gedanken zum Thema
Die Studienlage zum Management von SIBO mithilfe bestimmter Diäten und Ernährungsformen ist sehr dünn und oft schlecht ausgeführt. Es fehlt generell an standardisierten, randomisierten, placebokontrollierten Studien (Goldstandard), die wirklich valide sind. Das gilt auch für die gängigen Protokolle. Vor dem Hintergrund der unzähligen falsch-positiven Testungen auf SIBO ist das auch nicht verwunderlich, denn wenn mit Menschen gearbeitet wird, die keine SIBO haben, kann kein valides Ergebnis herauskommen und Vergleiche mit gesunden Probanden sind ebenfalls nicht möglich. Auf Erfahrungswissenschaft kann man sich deshalb auch nicht wirklich stützen und all das sind sicher auch Gründe, warum die Ernährung bei SIBO als komplett individuell gilt. Es scheint alles ein großes Mischmasch aus nicht validen Studien, Untersuchungen und noch sehr viel Unklarheiten sein sein. Ließ hierzu auch meinen Artikel „Low FODMAP bei SIBO: Warum das meist nicht reicht”.
6. Ein letzter Gedankenanstoß für dich
Neben einer SIBO gibt es übrigens auch die Dysbiose das Dünndarms und die Symptome überschneiden sich natürlich. Das eine hat mit dem anderen allerdings nichts zu tun und muss anders behandelt werden.
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Lass uns gemeinsam herausfinden, ob du wirklich betroffen bist, oder ob deine Symptome eine andere Ursache haben. Hier geht es zu meinen Angeboten und Kontakt.
*Diet and intestinal bacterial overgrowth: Is there evidence?
***Natural SIBO Treatment Protocols: 2025 Guide
****[The role of dietary diversity in the formation of syndrome intestinal bacterial overgrowth]
FAQ: Ernährung bei SIBO – Probleme, Studienlage
Wie verlässlich ist die Studienlage zur Ernährung bei SIBO?
Die Studienlage zur Ernährung bei SIBO gilt als schwach und widersprüchlich. Viele Untersuchungen haben nur kleine Teilnehmerzahlen, sind methodisch unzureichend oder beruhen auf Beobachtungen statt randomisierten Studien. Deshalb lassen sich keine verbindlichen Ernährungsempfehlungen ableiten. Ernährung bei SIBO sollte daher immer individuell angepasst werden.
Welche Ernährung soll bei SIBO am besten geeignet sein?
Es gibt keine wissenschaftlich eindeutig empfohlene Ernährungsform. Häufig wird Low-FODMAP genutzt, doch Studien zeigen widersprüchliche Ergebnisse. Die Ernährung sollte individuell angepasst werden.
Ist die Low-FODMAP-Diät bei SIBO sinnvoll?
Low-FODMAP lindert oft Symptome, kann aber auch die Darmflora schwächen und ist nicht für jeden geeignet. Studienlage: unzureichend.
Was bedeutet „Feed to kill“ bei SIBO?
„Feed to kill“ beschreibt den Ansatz, Bakterien bewusst zu füttern, um sie während der Antibiotika- oder Phytotherapie angreifbarer zu machen.
Können Ballaststoffe bei SIBO hilfreich sein?
Manche Untersuchungen deuten auf positive Effekte ballaststoffreicher Ernährung hin, obwohl sie bei SIBO meist gemieden werden sollen. Belege sind jedoch schwach.
Gibt es wissenschaftliche Beweise für eine spezielle SIBO-Diät?
Nein, bisher fehlen hochwertige Studien. Deshalb wird empfohlen, Ernährung individuell zu gestalten und Symptome genau zu beobachten.



