Diese Gedanken hier haben ihren Ursprung in langer Beobachtung des spirituellen „Marktes”, einem zuletzt erfahrenen persönlichen Erlebnis und einem befruchtenden Austausch. Ich konzentriere mich hier auf diejenigen Propheten-Exemplare, auch Coaches, Lehrer oder selbst ernannte Schamanen genannt (finde ich am schlimmsten, da es die eigentliche Bedeutung dieses Begriffs total verzerrt!!!), die sich im oben genannten Bereich bewegen. Denn ich denke schon, dass man den Menschen z.B. in den Bereichen Ernährung, Sport, Business, etc. auch ohne große Lebenserfahrung das Wichtigste vermitteln kann. Hier geht es um Hard Facts, die man erlernen kann. Wenngleich man auf jeden Fall diese wichtigen Eigenschaften immer mitbringen muss: Menschenkenntnis, Empathie, Lust zuzuhören. Und vor allem ein Ego das weiß, wann es auch mal den Mund halten und sich hinten anstellen muss. Doch leider hapert es bei vielen selbst ernannten Experten bereits an diesen wenigen Grundvorraussetzungen.
1. Wie viele falsche Propheten braucht die Welt?
Fassen wir diese Menschen der Einfachheit halber unter dem Namen Coaches zusammen. Denn so nennen sich die meisten auch selbst nur allzu gern.
Coaches sind im Trend. Gefühlt jeder, der irgendetwas zu sagen hat, möchte Coach werden. Am besten, sobald man seine Volljährigkeit erreicht hat. Dann macht man eben noch ein Wochenendseminar zum Thema Erleuchtung hier, eine Kompaktschulung zur Kunst der Lebensführung dort, holt sich das Zertifikat von (möchtegern) Guru XY und hopplahopp – ein neuer Stern am Coaching-Himmel der spirituellen Lebensweisheiten ist geboren! Oder man bauscht seine eigene – eigentlich nicht so dramatische – Lebensgeschichte ganz ordentlich auf, um sich wichtig zu machen und möglichst weise erscheinen zu lassen. Noch mit Hochdruck auf Facebook und Instagram Marketing machen, in den Gruppen mit der höchsten “Opferdichte” fischen und hoffen, dass ein paar Fische oder wenigstens Garnelen anbeißen. Man möchte seine neu errungenen Weisheiten ja möglichst unter die Leute bringen.
Und das ist auch das wichtigste Wort hier: Neu.
2. Was macht einen guten Coach aus?
Also erstmal finde ich persönlich das Wort Coach, wenn es um tiefe Einsichten und spirituelle Erkenntnisse geht, völlig deplatziert. Denn was ist Spiritualität, was ist Leben? Spiritualität bedeutet, in die komplette Selbsterfahrung zu gehen. Sie bedeutet, dass man einen bewussten und wachen Weg der Erkenntnis und Reflexion geht. Natürlich begegnen einem dabei immer wieder Menschen, die einen inspirieren, die einem etwas beibringen. Man besucht Seminare, bildet sich weiter, sucht Anstöße und findet vielleicht sogar einen Richtungsgeber, den man wertschätzt. Doch was haben all diese Einflüsse von Außen gemeinsam? Sie geben dir Werkzeuge an die Hand, damit du neue Orientierung auf deinem Weg findest. Diese Werkzeuge helfen dir im besten Fall dabei, tiefer in die Selbsterfahrung zu gehen und weiter zu kommen, wo du einen Hänger hast. Aber so oder läuft es immer wieder nur darauf hinaus, dass DU SELBST deine Entwicklung in die Hand nimmst. Und so ist das auch mit dem Leben. Das Leben ist eine spirituelle Erfahrung. Wir, die Seelen, machen hier auf der Erde eine menschliche Erfahrung. Es ist alles eins. Wir sind Geschöpfe des Universums, des großen Ganzen. Wir sind Gott. Wir sind Licht. Wir sind Liebe.
Wir sind das Universum, das sich selbst beobachtet
Eckhart Tolle.
2. 1. Einem guten spirituellen Coach mangelt es vor allem an einem: Am Ego!
Ein guter Coach, wenn er / sie sich unbedingt so nennen will, sollte also überhaupt nur Anstöße in die für dich sinnvolle Richtung geben. Das bedeutet, das Ego da gaaaaaaanz weit rauszulassen. Coaching oder ein spirituelles Vorbild zu sein bedeutet nicht, sich selbst gern reden zu hören, sich möglichst wichtig zu machen, sich aufzuplustern und als perfektes Abziehbild fehlgeleiteter Trends zu inszenieren. Aus solchen Menschen schreit das große Ego ganz laut heraus. Heißt im Umkehrschluss: Sie müssen selbst noch ganz viel lernen. Eigentlich ist der Prozess wie bei einem guten Psychotherapeut, der zuhört, sich in dich reinversetzt und Denkanstöße gibt. Anstatt dir aufzudrücken, was du jetzt zu denken und zu tun hast. Oder dir ständig die eigene, (vermeintlich) hochdramatische Lebensgeschichte zu erzählen und sich dann auch noch über andere Menschen zu stellen.
3. Du willst ein echter Lehrer sein? Dann sei der Underdog
Die, die am lautesten schreien, haben es am meisten nötig. Die, die am lautesten schreien, haben offensichtlich ein Ego-Problem, denn sonst müssten sie nicht so laut schreien und sich gleichzeitig profilieren. Wenn man vom Dasein als spiritueller Mentor seinen Lebensunterhalt verdienen möchte, ist das ja schon die erste Tücke: Wie authentisch kann man denn in diesem Feld eigentlich noch sein und auftreten, wenn man zu 100 Prozent auf das Geld seiner “Patienten” angewiesen ist. Ich fand es bei meiner Ausbildung in schamanischen Praktiken immer sehr gut, dass wir von Anfang an auf dem Boden der Tatsachen gehalten wurden: Ihr seid keine Schamanen. Ihr lernt hier Techniken, die ihr für euch selbst weiterentwickelt. Ihr solltet nicht auf die Idee kommen, von der Behandlung anderer Menschen leben zu müssen, denn das verzerrt die Arbeit. Macht was solides und das hier nebenher, wenn ihr es machen möchtet.
Dazu sollte eine gesunde Selbsteinschätzung und Bescheidenheit addiert werden, die ich persönlich gerade bei Menschen, die diesen Weg gehen, als Grundvorraussetzungen ansehe. Denn sie sollten einem sehr schnell zeigen, wann man definitiv noch nicht bereit ist, sich der ausgiebigen Behandlung anderer Menschen zu widmen. Im kleinen Kreis, Familie und Freunde, mag das ja etwas anderes sein.
4. Dr. Joe Dispenza oder der nette Nachbar von nebenan?
Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass du wahre Begleitung bei diesen Menschen findest, die es nicht nötig haben. Die bescheiden sind. Die nicht laut schreien. Die sich nicht aufdrängen. Die sich nicht profilieren. Die wissen, dass sie selbst auch auf dem Weg sind und nie auslernen. Mit einem dieser Menschen, den ich sehr schätze, und der mich auf meinem Weg begleitet hat (derzeit ermöglicht es die örtliche Distanz leider nicht) habe ich mal über Dr. Joe Dispenza gesprochen, der ja plötzlich fast aus dem Nichts aufgeploppt ist und der neue Superstar am Coaching-Himmel war. Alles, was ich mir bis jetzt von ihm angesehen habe, ist recyceltes Material. Will sagen: Ich persönlich kann an ihm nichts finden. Ich sagte also damals zu meinem Richtungsgeber, dass das schon krass ist, dass diese ganzen neuen Lehrer und Coaches ganze Stadien und riesen Hallen füllen und einen riesen Haufen Reichtum mit ihren überteuerten Preisen anhäufen. Er sagte nur: “Ja, dazu gehört schon ein ziemlich großes Ego.”
Es mag ja sein, dass er von den Dingen Ahnung hat, von denen er spricht. Doch in diesen Fällen piekst mich immer diese auf Profit gerichtete Massenabfertigung.
5. In der spirituellen Entwicklung geht es nicht um Geld
Gerade unter dem Deckmantel des angeblichen Schamanentums oder der spirituellen Führung, verstecken sich viele Menschen, die Geld in den Mittelpunkt stellen. Sie vermitteln dem Umfeld, dass es in erster Linie wichtig ist, reich zu werden. Das ist dann auch der Kern ihrer angeblich schamanischen oder spirituellen Praktiken. Hier sträuben sich mir endgültig alle Nackenhaare, denn die spirituelle Weiterentwicklung hat rein gar nichts damit zu tun, in erster Linie Geld anzuhäufen. Gels ist ein Thema, das in den letzten Jahren sehr an Bedeutung gewonnen hat. Und das ist auch gut, da es im Kern darum geht (für mich zumindest), seine Geschicke in die Hand zu nehmen und sich so unabhängig wie möglich zu machen. Wenn allerdings ein selbst ernannter, deutscher “Schamane” oder spirituelle Coaches sich damit positionieren, dir zu Reichtum zu verhelfen, ist die ganze Mission ein Zerrbild von echtem Schamanismus (wie gesagt – ganz besonders schlimm!) oder Spiritualität.
Erst kommt die tiefe Selbsterfahrung, dann kommt die schrittweise Transformation – der allerschwerste Teil – und daraus resultiert dann alles andere. Erst gilt es, sich selbst in aller Tiefe und in allen Dimensionen zu erfahren, Traumata zu erkennen, aufzulösen, sich zu reinigen und zu heilen. Und das geht weder innerhalb von Wochen, noch Monaten oder einem Jahr. Es dauert. Es dauert, so lange es dauert. Und letztlich dauert es das ganze Leben lang. Wenn du dann noch ein Coaching in Geldfragen machen möchtest, dann mach das. Aber besser nicht bei jemandem, der sich Schamane oder spiritueller Führer nennt. Denn hier liegt eindeutig eine Themaverfehlung vor, die berechtigte Zweifel an der Energie und den Motiven dieser Personen beinhaltet.
6. Mein Tipp für dich
Nimm dich einfach in Acht vor all den falschen und selbst ernannten Propheten da draußen, die meinen, dass sie die Besten, Weisesten und Besserwissensten sind. Die oft sogar nicht mal merken, wenn sie auf den Gefühlen ihrer Mitmenschen herumtrampeln. Die sich in ihrer Profilierungssucht größer machen, als sie eigentlich sind und damit zeigen, dass sie doch selbst voller Komplexe und Unvollkommenheiten sind.
Wir alle sind Menschen mit Stärken und Schwächen. Mit Durchblick und blinden Flecken. Mit geheilten und traumatisierten Aspekten. Doch solange die Arbeit an uns selbst noch größer sein muss, als die Heilung ist, sollten wir uns nicht anmaßen, andere Menschen im Gewand eines ausgewiesenen Experten für spirituelle Entwicklung oder Lebensführung anzuleiten.
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