Isst du noch jeden Morgen und Abend Brotzeit oder bist du bereits auf drei frische Mahlzeiten täglich mit unverarbeiteten Nahrungsmitteln umgestiegen? Mittlerweile wird Gluten mehr und mehr Aufmerksamkeit geschenkt, was auch Zeit wird, denn das Gemisch ist keinesfalls so harmlos, wie es den Verbrauchern auch weiterhin weis gemacht wird. Tatsächlich hat es diverse unerwünschte bis sehr negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit und kann im Zweifel großen Schaden anrichten. Deshalb fasse ich in diesem Artikel einige wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse über Gluten für dich zusammen.
1. Was ist Gluten?
Gluten ist ein Proteinkomplex, der hauptsächlich aus Prolaminen besteht und in verschiedenen Getreidearten vorkommt. Prolamine sind die Proteine Gliadin und Glutenin (Klebereiweiß), die in Getreiden wie Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Emmer, Einkorn und Kamut enthalten sind. Haferflocken, die nicht als glutenfrei deklariert sind, enthalten die sog. Kleberweiße ebenfalls aufgrund des Verarbeitungsprozesses. Klebereiweiße sind hilfreich, wenn du mit diesen Getreiden backen möchtest, da sie den Teig verkleben, so dass eine homogene Masse entsteht. Genauso verkleben sie allerdings unseren Verdauungstrakt.
2. Welche Nahrungs- und Lebensmittel enthalten Gluten?
Gluten ist in allen gängigen Getreidesorten enthalten, allerdings in unterschiedlichen Anteilen:
- Weizen
- Roggen
- Gerste
- Dinkel
- Emmer
- Einkorn
- Kamut
- Haferflocken, die nicht als glutenfrei deklariert sind
Bei den Haferflocken liegt das daran, dass sie in den gleichen Fabriken verarbeitet werden, wie glutenhaltiges Getreide und so können Rückstände von Gluten vorhanden sein. Ich rate deshalb immer zu glutenfreien bio Haferflocken.
Aber auch viele Fertigprodukte enthalten Gluten. Wenn ich ein verarbeitetes Produkt kaufe, gucke ich grundsätzlich und nicht nur wegen versteckten Gluten, immer auf die Zutatenliste, denn auch hier gibt es große Unterscheide in der Qualität. Bio-Produkte enthalten wirklich am wenigsten unnötige Zusatzstoffe. Achte auf enthaltenen Weizen bei: Keksen und Backwaren (natürlich), Bier (!), Fertigsaucen, TK-Teigwaren, veganen Produkten. Gluten versteckt sich hinter Bezeichnungen, die das Wort „Weizen” enthalten („Weizenprotein”, „Weizenkleber) oder Formulierungen wie „Klebeextrakt”.
3. Weizen ist nicht mehr das, was er einmal war
Aufgrund historischer Funde kann die Nutzung von Weizen, der eine Kreuzung aus verschiedenen Getreidesorten und Wildgräsern ist, „nur” bis zum ca. 6. Jhdt. v. Chr. zurückgeführt werden. Hier haben die Menschen begonnen, Weizen gezielt zu züchten. Mit Blick auf die Ernährungs-Historie des Menschen gilt Weizen also als sehr junges Nahrungsmittel. Zudem ist er ein Ergebnis von Züchtung und damit Veränderung der genetischen Eigenschaften. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Weizen immer weiter entwickelt und der Glutenanteil ständig erhöht. Genau der Bestandteil also, der dem Körper Probleme bereitet.
3. 1. Getreide keimen oder fermentieren
Bevor die Industrialisierung Einzug hielt, wurde Getreide außerdem nicht einfach so zubereitet. Es wurde gekeimt oder fermentiert, was die Verträglichkeit erheblich erhöht, da Gluten und auch Phytinsäure, ein Pflanzenabwehrstoff („Antinährstoff”), der die Nährstoffaufnahme hemmt und Entzündungen hervorrufen kann, abgebaut werden. Wenn du Brot essen möchtest, dann greif zu einem hochwertigen bio Sauerteigbrot aus Roggen oder Dinkel. Bei einer ausgewachsenen Zöliakie ist auch das zu meiden.
4. Das macht Gluten so problematisch
4. 1. Gluten ist schwer verdaulich
Der Verdauungsprozess von Gluten beginnt bereits im Mund, wo es durch entsprechende Proteasen leicht vorverdaut wird. Die Magensäure zersetzt das Gluten dann weiter. Im Dünndarm werden Proteasen aus der Bauchspeicheldrüse und der Darmwand freigesetzt, die Proteine in kleine Peptide und Aminosäuren zerlegen.
Der Haken ist allerdings, dass Gluten für den Menschen schwer verdaulich ist und nicht vollständig in Aminosäuren zerlegt wird, was an seiner Struktur liegt. Gluten besteht, wie bereits erwähnt, aus zwei Haupt-Proteinen: Gliadin und Glutenin. Gliadin ist besonders reich an den Aminosäuren Prolin und Glutamin, die für Verdauungsenzyme schwer zu spalten sind. Nach der Verdauung verbleiben lange Peptidketten im Darm, die immunologische Reaktionen auslösen: Die Freisetzung von Zonulin wird gefördert, ein Entzündungsmarker, der die Darmbarriere durchlässiger macht und so das Risiko für Leaky Gut und Folgeerkrankungen erhöht. Die unvollständig verdauten Proteine aus dem Gluten können dann durch die geschädigte Darmwandbarriere in die Blutbahn gelangen und dort das Immunsystem aktivieren, was zu Entzündungsreaktionen im ganzen Körper führt.
4. 2. Gluten und weitere Komponenten verursachen Entzündungen
Neueste Forschungen zeigen, dass die unverdauten Gluten-Proteine bei allen Menschen Entzündungen im Darm auslösen, was zu Autoimmunreaktionen führen kann, die im schlimmsten Fall in Autoimmunkrankheiten, wie Hashimoto, enden können. Bei Menschen mit Zöliakie löst unverdautes Gluten immer eine starke Immunreaktion aus, da das Immunsystem die eigene Darmschleimhaut angreift was zu Entzündungen, Nährstoffmangel und weiteren Symptomen führt.
Ein bestimmtes Gliadin-Peptid (α2-Gliadin 57–89) hat sich als starker Stimulator von T-Lymphozyten (Immunzellen) erwiesen und spielt daher ebenfalls eine Rolle bei der Auslösung von Immunreaktionen durch Gluten.
Weitere Komponenten im Weizen, wie Amylase-Trypsin-Inhibitoren, lösen ebenfalls Entzündungs- und Immunreaktionen (nicht nur im Darm) aus und zwar sowohl bei Zöliakie-Betroffenen als auch bei allen anderen Menschen.
Weizenkeimagglutinin kann Immunreaktionen bei Glutensensitivität verursachen.
4. 3. Glutensensitivität oder nicht? Oder egal?
Du hast bestimmt schon einmal von der Glutensensitivität gehört. Doch was ist Glutensensitivität vor dem Hintergrund, dass die Bestandteile von Gluten NIE ganz verdaut werden können, weil unser Verdauungssystem einfach nicht darauf ausgelegt ist? Und in Anbetracht der Tatsache, dass auch andere Bestandteile, wie Gliadin Immunzellen aktivieren?
Fakt ist, dass unverdaute Proteine, egal welcher Art, Probleme im Darm verursachen. Sie füttern beispielsweise Fäulniskeime, die dann überwuchern und zu einer Dysbiose führen können. Unverdaute Stärke im Stuhl kann auf eine mangelnde Glutenverdauung hindeuten. Und letztlich haben unverdaute Proteine einfach nichts im Darm zu suchen, da sie immunologische Reaktionen auslösen. Diese können sich auch nur auf stille Mikro-Entzündungen im Darm beschränken, was schlimm genug ist. Dann hast du einen schwelenden Herd in deinem Darm und merkst nichts davon, bis dein Darm dann richtig schlapp macht. Und das kommt sehr häufig vor, denn ich sehe genau das an den Flora-Befunden meiner Klienten.
5. Gluten und Erkrankungen
5. 1. Reizdarm? Ernähre dich glutenfrei
Die Ergebnisse von Studien belegen, dass eine glutenfreie Diät bei Patienten mit Reizdarm, insbesondere bei solchen mit Durchfall-Dominanz, helfen können. Gluten kann bei diesen Patienten typische Reizdarm-Symptome wie Bauchschmerzen und Blähungen verursachen, die Zufuhr von Gluten erhöht ebenso die Entzündungsmarker.
5. 2. Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität
Menschen, die von einer Glutensensitivität betroffen sind, zeigen nach Glutenaufnahme Symptome, die nicht durch Zöliakie oder eine Weizenallergie verursacht werden. Diese Symptome können sich gastrointestinal (z.B. Blähungen, Kloß im Magen, Schmerzen) oder extraintestinal (z.B. Müdigkeit, Kopfschmerzen, Herzrasen, Atemnot) äußern.
5. 3. Gluten greift deine Blut-Hirn-Schranke an und fördert neurologische Erkrankungen
Es bestehen Verbindungen zwischen dem Konsum von Gluten und neurodegenerativen Erkrankungen. Wie genau die Zusammenhänge funktionieren ist noch nicht vollständig geklärt, doch die Evidenz liegt vor.
Es ist tatsächlich auch so, dass neurologische Erkrankungen, wie Schizophrenie, Autismus-Spektrum-Störungen, bipolare Störungen und Depressionen ungewöhnlich oft mit Zöliakie oder einer Glutensensitivität einhergehen.
Wie ist das zu erklären? Gluten verursacht eine Immunantwort bei „anfälligen” Personen. Bei Zöliakie-Patienten kommt es zu einer entzündlichen Reaktion durch die Bindung von Glutenpeptiden an bestimmte Moleküle, die zum Immunsystem gehören. Bei Betroffenen von Glutensensivität wird vermutet, dass Gluten und andere Weizenbestandteile eine angeborene Immunantwort auslösen.
Forscher sprechen hier immer von Zöliakie-Betroffenen und Glutensensitiven. Ich bleibe dabei: Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Gluten nicht verdaut werden kann, was entzündliche Prozesse und Dysbiosen bei allen Menschen zur Folge hat. Je nachdem, wieviel Gluten konsumiert wird.
Die aus diesen Prozessen resultierenden chronischen Entzündungen und erhöhte Darmpermeabilität (Leaky gut) ermöglichen den Eintritt von toxischen Metaboliten und Bakterien in den Blutkreislauf, die letztlich auch das Zentralnervensystem erreichen. Das hat neurologische Auswirkungen, wie Schädigungen und Funktionsstörungen des Kleinhirns, Nervenschäden im ZNS oder auch allgemeine kognitive Beeinträchtigungen wie Brainfog.
Diese ganzen Entzündungsprozesse, die durch Gluten und andere Bestandteile in Getreide verursacht werden, greifen die Blut-Hirn-Schranke an, was letztlich bedeutet, dass diese durchlässiger für Metaboliten und Toxine wird. Das fördert die bereits genannten Erkrankungen und zieht weitere, wie Autismus-Spektrum-Störungen, Demenz, Alzheimer, Parkinson, Depression und Angststörungen nach sich. Diese hängen also mehr oder weniger direkt mit dem Konsum von Gluten zusammen. Eine glutenfreie Ernährung verbessert die Symptome bei den genannten Erkrankungen nachweislich. Ebenso tragen Dysbiosen und Entzündungen im Darm zu neuronalen Entzündungen und Folgeschäden bei, denn Leaky gut hängt mit Leaky brain, also einer durchlässigen Blut-Hirn-Schranke zusammen.
5. 3. 1. Fun Fact
In populationsbasierten Studien wurde eine Reduktion der Schizophrenie-Inzidenz in Gesellschaften mit geringem Getreidekonsum beobachtet.
5. 4. Andere Erkrankungen
Einige Ergebnisse zeigen Verbesserungen bei Atopie (überaktives Immunsystem), Fibromyalgie, Endometriose, entzündlichen Erkrankungen und Fettleibigkeit.
5. 5. Gluten beeinflusst das Darmmikrobiom
Eine ganz aktuelle Studie (doppelblind, Placebo-kontrolliert), die die Auswirkungen von Gluten auf die Zusammensetzung und Vielfalt des Darmmikrobioms sowie auf Symptome und Biomarker bei Patienten mit gastrointestinalen Störungen (GIDs), Migräne und atopischer Dermatitis untersuchte kam zu dem Ergebnis, dass Gluten das Darmmikrobiom negativ beeinflusst. Die Ergebnisse beziehen sich vor allem auf die sog. Chao1-Diversität. Eine hohe Chao1-Diversität zeigt eine vielfältige Pilzarten-Gemeinschaft im Mikrobiom, einschließlich vieler seltener Arten. Dies ist ein Hinweis auf eine gesunde und stabile Mikrobiota. Eine niedrige Chao1-Diversität deutet auf eine geringere Artenvielfalt hin, was oft mit einer gestörten oder weniger stabilen Mikrobiota assoziiert wird. Gluten vermindert diese Artenvielfalt. Eine glutenfreie Diät kann zudem die Symptome von GIDs lindern sowie Migräne und atopische Dermatitis verbessern. Bei erneuter Zufuhr von Gluten kam es zu Rückfällen.
Ergebnisse:
- Pilzdiversität: Die Testgruppe, die täglich 8 Gramm Gluten erhielt, zeigte eine signifikante Reduktion der Chao1-Pilzdiversität, während die Placebo-Gruppe eine Zunahme der Pilzdiversität zeigte
- Bakterielle Zusammensetzung: Die bakterielle Diversität und Zusammensetzung blieb in beiden Gruppen stabil
- Symptome und Lebensqualität: Abdominale Schmerzen, Blähungen und Durchfall nahmen in beiden Gruppen ab. Vollständiger Stuhlgang und Bauchschmerzen verbesserten sich nur in der Placebo-Gruppe. Teilnehmer der Glutengruppe berichteten über eine Verschlechterung des allgemeinen Wohlbefindens bei Glutenkonsum im Vergleich zur Placebo-Gruppe
6. Ausflug Zöliakie
Zöliakie ist eine Autoimmun-Krankheit, die durch Gluten bei Menschen ausgelöst wird, die eine bestimmte genetische Disposition mitbringen. Die genetischen HLA-DQ2- und HLA-DQ8-Haplotypen sind mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Zöliakie verbunden. Betroffene dürfen überhaupt kein Gluten zu sich nehmen, da sie sehr starke immunologische Reaktionen auf Kleinstmengen zeigen können. Im Darm führt der Kontakt mit Gluten zu einer Immunreaktion, die die Dünndarmschleimhaut schädigt und da sind wir dann wieder bei Leaky gut. Zöliakie ist weit weniger häufig als die Glutensensitivität. In den USA liegen die Zahlen bei geschätzten 1% (Zöliakie) zu bis zu 13% (Glutensensitivität). Die Dunkelziffer dürfte erheblich sein. Zöliakie wird zudem mit verschiedenen psychischen Erkrankungen und auch Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern in Verbindung gebracht. Glutenfreie Diäten haben sich als wirksamer Hebel zur Besserung der Symptome erwiesen.
7. Wie sieht das bei mir aus?
Die Wissenschaft diskutiert zwar noch kontrovers, ob alle Menschen von Entzündungsreaktionen betroffen sind, doch für mich zeigt die derzeitige Faktenlage eindeutig, dass wir alle Gluten meiden sollten. Ich selbst esse es nur äußerst selten und dann nur kleine Mengen, weil es einfach schwer im Magen liegt, alles zu pappt und zu Verstopfung führt. Wenn ich zu viel erwische, bekomme ich außerdem Herzrasen und fühle mich unwohl. Passiert, wenn ich doch mal besseren Wissens eine Pizza bestelle, weil ich eben einfach mal eine Pizza essen möchte. Und dann reicht es auch wieder mit der Pizza.
Zudem wurde bei mir vor Jahren eine mutmaßliche Glutensensitivität diagnostiziert, da eine Magenspiegelung einen leicht entzündeten Zwölffingerdarm zeigte. Eines Tages, etwa 2017 / 18 litt ich plötzlich unter Jucken am After. Nichts konnte festgestellt werden. Ich habe Gluten aus meinem Speiseplan gestrichen und es hörte auf. Ich hatte auch des öfteren plötzlich juckende Haut. Mit der glutenfreien Ernährung hat das aufgehört.
8. „Und was kann ich jetzt noch essen?”
Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass diese Frage bei der Vielfalt an Nahrungsmitteln, die wir zur Verfügung haben in der heutigen Zeit noch gestellt wird. Es gibt unzählige glutenfreie Alternativen, die lecker und vor allem viel gesünder und nahrhafter sind, als Weizennudeln oder dein Sonntagsbrötchen. Wenn du nicht an Zöliakie leidest, kannst du auch ein schönes bio Roggen / Dinkel-Sauerteigbrot probieren und gucken, wie und wieviel davon du verträgst. Es sollte gut gereift sein. An Ballaststoff- oder sonstigem Mangel wirst du bei einer glutenfreien oder -armen Diät jedenfalls nicht leiden. Glutenfreies Mehl zum Backen gibt es übrigens auch und das geht wunderbar! Schau in meinem Rezeptbereich vorbei und du findest sehr viele glutenfreie Rezepte für sowohl Herzhaftes als auch Süßes.
Glutenfreie Beilagen
- Buchweizen
- Hirse
- Quinoa
- Reis
- Reisnudeln
- Kartoffeln
- Süßkartoffeln
- Maniok
- Glutenfreie Nudeln (die von Kaufland und Schär sind die besten)
Saaten und Kerne statt Vollkorn aus Getreide
- Chiasamen
- Leinsamen (achtung Cadmium-Belastung!)
- Sonnenblumenkerne
- Kürbiskerne
- Hanfsamen
Und jetzt wünsche ich dir viel Freude bei deiner Ernährungsumstellung auf glutenfrei! Es ist wirklich super easy. 😉
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